Petritor
Das Petritor gehörte im Verband der Rostocker Stadtbefestigungen zu den älteren Einlässen in die Stadt. Eine genaue Datierung der Entstehung ist nicht möglich. Man kann von einer Zeit um 1300 ausgehen, womit es etwas jünger als Kuhtor und Kröpeliner Tor wäre. Das Tor entstand als eines von schließlich zweiundzwanzig Toren der Rostocker Stadtbefestigung. Als deren Teil lag es nach Osten unterhalb jener Anhöhe, auf der die erste Besiedlung der Stadt erfolgt war. Nahe der Warnow sicherte es den Zugang von der Stadt zu der alten Handelsstraße, die die Städte des sogenannten Wendischen Quartiers der Hanse von Stralsund über Rostock nach Wismar verband.
In den Bombennächten vom April 1942 wurde das Tor getroffen und erheblich zerstört.
Quelle: Kulturhistorisches Museum
lmmerhin blieben aber die Umfassungsmauern erhalten, sodass die Fachleute der Denkmalpflege eine Wiederherstellung des als wertvollem Zeugnis eingestuften historischen Bauwerks für möglich hielten und vorsahen.
Im Gegensatz zu der Expertenmeinung und im Widerspruch zu Festlegungen von in der Stadtverwaltung Zuständigen, erfolgte in einer buchstäblichen „Nacht-und-Nebel-Aktion“ am 27. Mai 1960 der Abriss der gesicherten Torruine. Sie wurde gesprengt und die Trümmer innerhalb eines Tages abtransportiert.
Man darf unterstellen, dass ein solch bezeichnendes Verfahren praktiziert wurde, um Protesten seitens der Rostocker zuvorzukommen. Eine sachliche Begründung für diesen aus Sicht des Verfassers Akt kulturpolitischer Ignoranz und historisch-städtebaulicher Barbarei wurde nicht gegeben. Gelegentlich war von – de facto nicht erkennbaren – „verkehrstechnischen Erfordernissen“ die Rede.
Seitdem klafft diese schmerzliche Wunde an einer exponierten Stelle des städtebaulichen Ensembles.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten engagierte sich unser Verein für das Wiedererstehen des Petritors. Dabei stützen wir uns auf mannigfache vorhergehende Aktivitäten von Einzelpersonen und das wohl allgemein vorherrschende Votum der Rostocker.
In der sachlich, aber durchaus entschieden mit unterschiedlichen Standpunkten geführten Diskussion, mischte sich der Verein in den „Glaubenskrieg“ unter den Denkmalpflegern darüber, ob ein einmal verloren gegangenes Denkmal nur in seiner ursprünglichen, oder auch modifizierter Gestalt wiedererstehen könnte, nicht ein. Wohl aber vertrat er die Auffassung seiner Mitglieder, dass ein Wiederaufbau nur unter angemessener Berücksichtigung der seinerzeitigen historischen Gegebenheiten denkbar sei.
Nach jahrelanger Verzögerung fand 2017 im Ergebnis einer Ausschreibung ein Architektenwettbewerb zur Lösung der Stadteingangssituation statt, in dessen Ergebnis ein Entwurf favorisiert wurde, der ab 2018 verwirklicht werden sollte. Er umfasste mehr als das ursprüngliche Tor und sollte in einer den aktuellen Verkehrserfordernissen gerecht werdenden größeren Form realisiert werden.
https://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/Star-Architekten-bauen-das-neue-Petritor
https://www.koe-rostock.de/projekte/petritor-slueterstrasse.php
Bis heute (2020) ist eine Realisierung dieses Vorhabens nicht gelungen. Damit ist die Situation am Stadteingang weiter unbefriedigend.
Joachim Lehmann